Montag, 12. Oktober 2015

Volle Keller, leere Schränke und schwarze Materie. Ein Bericht von existenziellen Problemen.

Es war einmal wieder Zeit. Schrank ausmisten.

Wie ich auf die glorreiche Idee kam? Es begann mit der erschreckenden Erkenntnis, dass ich nichts zum Anziehen hatte. Der Winter steht vor der Tür, und würde ich nicht schnellstens in Form eines Großeinkaufs reagieren, würde ich wohl qualvoll erfrieren müssen.

Erst würden die Zehen schwarz und nekrotisch werden à la Reinhold Messner, dann Frostbeulen mein Gesicht nach und nach befallen, darauf würde die Nase Opfer der Kälte werden und mir schwarz und abgestorben aus dem Gesicht fallen, und schließlich würde ich wegen des nicht gemachten Wintereinkaufs jämmerlich in meiner Wohnung erfrieren.

Leicht pathetisch? Überhaupt nicht! In so einem Fall ist alles möglich.

Also auf zur Mission. Mein Überlebenswille war geweckt.

Gesagt, getan. Ich würde überleben. Der Blick auf die vollen Tüten und der Duft nach Kaufhaus und allerlei Pröbchen beruhigte mein noch leicht aufgeschrecktes Herz.

Zu Hause angelangt dann erstmal das übliche Ritual: Kleider anschauen, Kleider anziehen, kombinieren, vor dem Spiegel tänzeln, Lippenstift drauf, Lippenstift weg, hohe Schuhe, flache Schuhe, ein paar Selfies schießen und zwischendurch mal die glückliche Erkenntnis, dass es zu Hause noch keine Kameras gab, die einen filmten, wenn man sich zum Idioten machte.

Dann in den Kleiderschrank sortieren. Doch plötzlich! Oh Schreck! Wann ist denn der so voll geworden?

Das musste passiert sein, während ich einkaufen war. Die Kleider hingen da vorher ganz sicher noch nicht. Wenn es schwarze Löcher gab, die Materie verschwinden ließen, dann gab es ganz sicher auch Wurmlöcher, die Kleidung mittels Teleportation in fremde Kleiderschränke hingen.

Also weg damit. Platz musste her. Außerdem wollte ich nun wirklich keine fremde Kleidung in meinem Kleiderschrank haben, obwohl mir zugegeben einige Teile davon sehr bekannt vorkamen.

Wieso, weshalb, warum ausgerechnet ich auf einmal Opfer von Wurmlochattacken wurde, dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Mit solch quantenphysikalischen Fragen musste ich mich später auseinandersetzen.

Nachdem die fremden oder weniger attraktiven Kleidungsstücke aussortiert waren, ging es ans Verpacken. Statt des vermuteten halben Kartons wurden es drei. Das lag aber an der Wurmlochattacke und der unerwarteten Mehrmasse an fremder Kleidung.

Es war zugegeben ein kleiner bis mittlerer Kampf, sogar bei den mir bis anhin unbekannten Kleidungsstücken aus der fremden Galaxie. Weg damit oder behalten? Fragen über Fragen. Ein paar schienen sogar noch nagelneu zu sein. Was für eine seltsame Frau, die da im Paralleluniversum wohnte.
Voll bepackt konnte ich nun den Weg in den Keller antreten.

Als ich mir schließlich den Weg durch das staubige, zugleich feuchte, jedoch leider nicht tropische Klima gebahnt hatte, denn ich sah weit und breit keine paradiesisch bewachsene Kulisse, öffnete ich im Halbdunkeln mein Abteil.

War es kleiner geworden oder hatte jemand sein Gerümpel hier abgestellt?

So musste es gewesen sein, denn anders konnte ich mir das plötzliche Auftauchen dieser zahllosen Kartons und anderem nutzlosen Krimskrams nicht erklären.

Wann hatte ich jemals eine überdimensional große Mikrowelle besessen? Jemand musste das Schloss geknackt haben und hier eingebrochen sein.

Raub, nur umgekehrt. Rückwärtsraub sozusagen. Das musste ein neuer Trend sein.

Man bricht in fremde Keller ein und stellt seinen Schrott ab.

Sollte ich die Polizei rufen? Erstmal Ruhe bewahren. Keine Panikattacke bekommen. Dir war ja nichts passiert. Das hätte ja auch anders ausgehen können. Zum Glück warst du gerade nicht im Keller gewesen, als der Rückwärtsraub passiert ist.
Was sollte die Polizei aber schon machen können? Es war ja nichts entwendet worden. Es wurde ja schließlich nur alles Mögliche hier abgestellt. Ich beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen, genauso wie die Sache mit der Wurmlochattacke auf meinen Kleiderschrank.
Ich hatte wohl einfach eine enorme Pechsträhne im Moment und konnte nur hoffen, sie suchten sich das nächste Mal jemand anderen für ihre Kleider, Schuhe, Kartons und Mikrowellen aus.

So machte ich mich stolz auf den Weg nach oben mit dem Wissen, heute sowohl detektivische, als auch quantenphysikalische, sowie modische und innenarchitektonische Fähigkeiten bewiesen, und natürlich existenzielle Weltprobleme gelöst zu haben.
Das Universum war auf meiner Seite.
Das schrie doch förmlich nach einer Party und das nach einem neuen Kleid!

2 Kommentare:

  1. Antworten
    1. Bei mir war es ja eine Wurmlochattacke. Die konnte ich ja leider nicht anzeigen. So weit ist CSI noch nicht in der Spurenverfolgung.
      Am Besten fand ich bei deinem anscheinend hochintelligenten Täter den Tagebucheintrag😅

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